Müde. Müde. Müdääääää.
Nach meiner Krankheitsepisode der letzten zwei Wochen und länger, bin ich als Kellnerin_ back in the saddle. Und umso mehr ist mir die Nachtarbeit eingefahren. Wie ein helles triangle-Zuglicht, das in der Dunkelheit dein Augenlicht überstrahlt, dich blind macht und dich überfährt. So fühl ich mich nach zwei Diensten hintereinander: Gerädert, wie vom Zug überfahren und unfähig aufzustehen. #Kellner_innenKack
Es ist Samstagabend und ich muss erst um 18:00 zu arbeiten beginnen. Ich mag das ja lieber als um 17:00, weil da gehört dir noch der ganzen Nachmittag. Um mich wieder zu aklimatisieren bin ich aber schon um 17:30 da, quatsch mit den Kollegen_ und lass mich über Infos, Befindlichkeiten und Grant auf den neuesten Stand bringen. Bis meine „coole-Haar-Kunstwerke-mit-Blume-und-Glitzer“-Kollegin_ kommt und mich vorwarnt: „Ich bin müde von gestern.“ Am vorigen Abend dürften sie und „schicke-Schuhe“-Kollege erst spät rausgekommen sein. So um halb vier. Es war viel los.
Ich dagegen fühl mich fit. Fit, fitty, fitz. Ich bin nett zu den Gäst_innen und alles. Gemeinsam ist uns nicht fad, einige Gäst_innen sind trotz Kälte gekommen oder feiern Geburtstag. Wir machen alles gut, easy peasy japaneasy.
Irgendwann sagt dann meine „coole-Haar-Kunstwerke-mit-Blume-und-Glitzer“-Kollegin_: „Irgendwas stimmt heute mit meinen Augen nicht. Komisch.“ Und ich so: „Hmm, vielleicht weil du müde bist? Fühlen sie sich schwer an?“ Und sie_ „Ahja! Stimmt. Hatte ich vergessen. Schon seltsam, ich hab überlegt was ich so zwischen dem Dienst gestern und heute gemacht hab.“ „Und, was hast du gemacht?“ „Gearbeitet, geschlafen, gefrühstückt, ein bisschen was gelesen und dann wieder gearbeitet.“ „…Ja. So geht’s mir auch immer.“ „…Ja.“
Die (Stamm-)Gäste beklagen auch einiges an Schlafmangel durch ihre eingefallenen Haltungen bei der ihre Stirne nur wenige Zentimeter über der Bar hin und her schweben.
„Ein-Viertel-Rot“-Gast, der mich immer Marlen nennt, bestellt „Ein Viertel Rot, Marlen!“ und nickt an der Bar ein bevor er noch den ersten Schluck nimmt. Es ist ja unangenehm Leute zu wecken. Sie haben dann so einen aus dem Ei gepellten Baby-Seerobbenblick, der dich fragt: „Warum ist es hier so kalt? (Komisch, weil da wo Robben auf Fotos oder in Filmen dargestellt sind, ist immer Wasser, Eis oder Schnee. Also eigentlich sollten sie das mit ihrem Blick nicht fragen.) Wo bin ich? Bringt mich zurück in meine Schlafhöhle (oder wo auch immer Baby-Seerobben schlafen)“. Das ist zu viel süß. Ich mag das nicht. Was soll eins denn da machen?
Deswegen rede ich mit schlafenden „Ein-Viertel-Rot“-Gast ganz normal, so als ob er nicht schlafen würde. „Hey ‘Ein-Viertel-Rot’-Gast bist ein bissl müde?“ Bei „Ein-Viertel-Rot“-Gast wacht er auf und trinkt schnell alibihalber einen Schluck von seinem Rotwein. Das hält ihn aber nicht davon ab ein paar Minuten nachdem er in seinem fast Analoghandy mit echten Tasten herumgedrückt hat, wieder einzuschlafen. Da schaltet sich meine „coole-Haar-Kunstwerke-mit-Blume-und-Glitzer“-Kollegin_ ein und tippt ihn an. Er schreckt ein „Zahlen bitte!“ heraus und geht. „Good for you“, denk ich mir.
Dasselbe denk ich mir Sonntagnacht wieder, denn es sieht so aus als würden mein „coole-Pirat_innenhosenträger“-Kollege_ und ich um 1:00 schon aus dem Lokal rauskommen. Um 1:00! Das ist wie 11:30 für Beamt_innen. Unsere acht Stunden Arbeitszeit und Lohn haben wir herinnen, es ist wenig los, wir können gehen. Good for us.
Ich überlege gleich wie bald ich zur Abwechslung schlafen könnte. „Wenn ich bald zuhause bin, weil „coole-Pirat_innenhosenträger“-Kollege_ und ich nix mehr trinken gehen, dann könnte ich schon um 3:00 schlafen! (Wer denkt als Kellner_in/Nachtarbeiter_in könnte eins gleich schlafen sobald eins mit der Arbeit fertig ist, irrt sich mächtig. Versuch du mal voll im Arbeitsmodus dich ins Bett zu legen. Siehst du, es geht nicht. You need time to decompress.)
Und dann könnte ich morgen um 11:00 schon aufstehen und Unisachen machen. Und die Mail schicken und [fade out]“. Ich bin mit Unizeug nämlich im Verzug, weil zwischen dem Dienst am Samstag und dem am Sonntag hab ich – um meine „coole-Haar-Kunstwerke-mit-Blume-und-Glitzer“-Kollegin_ zu zitieren – „Gearbeitet, geschlafen, gefrühstückt, ein bisschen was gelesen [ok ich hab eine Folge Gilmore Girls geschaut] und wieder gearbeitet.“
Die Gleichung in einer solchen Situation ist: Ich habe zweimal hintereinander in der Nacht gearbeitet. (Manche von uns Kellner_innen machen das 4-5 Mal die Woche!) Ich wache am Montag 11:00 mit Wecker auf. Die Sonne scheint und blablabla und aus meiner Decke kommt nur ein „MÜDÄÄÄÄÄÄÄ!“.
Ich schaffe nix. Ich geh zu Freund_innen Nachmittagessen, besorge davor noch einen grünen Salat und Litschis. Hänge in einem Café ab, hänge mit „schicke Schuhe“-Kollege_ in einem Café ab, gehe einkaufen, koche was und hänge zuhause ab.
Das Metaergebnis der Gleichung ist: Nachtarbeit scheißt dir in deinen Rhythmus rein und ist nicht gut vereinbar mit Uniarbeit und gängigen (europäischen) Alltagserwartungsrythmen. Nachtarbeit macht müde. HAMSTER_HANGOVER HANGOVER_HAMSTER
Hashtag Kellner_innenKack, #KellnerinnenKack, Häschtäg Köinner_innenGag
